Halt, müsste es nicht anders herum heißen: Kinder brauchen Grenzen und Eltern (manchmal) auch? Müssen nicht die Eltern die Kinder durch Liebe, aber eben auch Grenzen und Regeln erziehen und nicht anders herum? Wo sollen denn die Grenzen für Eltern liegen? Im Willen der Kinder?
Eltern sind nicht verantwortlich dafür, was aus ihren Kindern einmal wird.
Das allein beschreibt schon eine Grenze, die wir uns gar nicht erst setzen müssen, sondern die einfach da ist. Besonders für die Zeit der Pubertät kommen wir Eltern an der oft leidvollen Erfahrung selten vorbei, dass die Teenager trotz unserer Bemühungen und Anstrengungen, trotz vernünftiger Argumente und unvernünftiger Verbote Dinge tun, die sie für richtig halten und bei denen uns der Atem stockt. Dass sie sich durch kurzfristige Belohnungen und Bequemlichkeiten viel stärker motivieren lassen als durch planvolles und zielgerichtetes Handeln, welches die Folgen des Tuns mit einkalkuliert.
Wenn wir uns dieser Grenze bewusst sind, wird es nicht ein verantwortungsloses Elternsein fördern, sondern ein verantwortungs- bewusstes Elternsein: Sich der Verantwortung bewusst sein heißt, auch die Grenzen anzuerkennen, die es in der Elternschaft gibt. Und so endet unsere elterliche Einflussnahme an der Individualität und Einzigartigkeit unserer Kinder. Unsere Kinder sind nicht unser Eigentum. Wir haben sie geschenkt bekommen und begleiten sie hinein ins Leben. Zu unseren Aufgaben gehört es, dass wir Ihnen zeigen und vorleben, wie das Leben gelingen kann. Doch tun müssen es die Kinder selber.
Eltern sind die Trainer ihrer Kinder
Wir können unsere elterliche Aufgabe verstehen als Trainer oder Coaches unserer Kinder. Und an dieser Stelle wird unsere Grenze sichtbar. Wir können nicht über un- sere Kinder verfügen und bestimmen, was sie im Leben einmal tun werden. Diese Entscheidung müssen und werden sie alleine treffen. Die einzige Chance, die wir auf lange Sicht haben ist, sie zu motivieren, zu locken, zu begeistern und auch zu führen. Hier in unserem Tun liegt unsere ganze Verantwortung und wir sollten an dieser Stelle alle unsere Möglichkeiten ausschöpfen, die wir haben. Dazu gehört natürlich auch, Kindern in einem angemessenen Rahmen Grenzen zu setzen, zum Beispiel dann, wenn Kinder sich oder andere Menschen gefährden.
Kompetente Kinder durch begrenzte Eltern
Ich bin fest davon überzeugt, dass Kinder gerne uns als Eltern und auch die von uns gesetzten Grenzen akzeptieren, wenn wir Eltern die Kinder als Personen respektieren und sie bewusst und klar in die Verantwortung nehmen für das, was sie tun. Wer kompetente Kinder möchte, muss Ihnen Kompetenz zugestehen. Kompetenz ist das Ergebnis eines Weges, auf dem Kompetenzen erworben werden. Dafür haben wir als Trainer und Coaches unserer Kinder die Verantwortung, dass sie diese Kompetenzen erwerben können. Dazu gehört auch, dass sie die Folgen ihres Tuns oder Nichttuns erleben dürfen und nicht durch uns davor bewahrt werden. Kompetent werden unsere Kinder, wenn wir uns selber einschränken können mit unnötigen Worten, unnötigen Erklärungen und Wortschwallen und unnötigen Erleichterungen. Manchmal reicht ein kleiner Impuls, auf den wir uns beschränken oder dass wir hinterfragen, was sie tun.
Auf diese Weise wird für die Kinder erlebbar, was es heißt, respektvoll miteinander umzugehen. Und so kann es passieren, dass sich aus einer Begrenzung unserer elterlichen Allmachtvorstellungen plötzlich eine neue Freiheit entwickeln kann.
Dazu wünsche ich Ihnen gute Erfahrungen und den nötigen Mut.
Reinhard Grohmann