„Muss ich denn alles 10-mal sagen, bevor du endlich hörst?“
Vielleicht haben Sie diese Frage schon einmal von anderen Müttern oder Vätern gehört. Das Schöne ist: Die Antwort ist ein beherztes „Nein“. Keiner zwingt Sie „Ja“ zu sagen, auch wenn es manchmal so scheint. Doch woher nehmen Sie die Kraft, nach der ersten Wiederholung innezuhalten und nicht den Leierkasten anzustellen? Denn diese gewohnten Rituale der Wiederholung sind für die Kinder ein gewohntes Signal: Abschalten ist angesagt. Nur wenn die Lautstärke ein bestimmtes Maß erreicht, ist eine Reaktion nötig.
„Wer bin ich eigentlich, dass ich dir alles hinterherräumen muss?“ Vielleicht kennen Sie auch diese Frage, die Eltern sich manchmal selber stellen.
In solchen Situationen ist das Eltern-Sein überlagert von viel Aufregung. Von Wirksamkeit ist für die Kinder da wenig zu spüren. Und so lange Eltern mit ihrem Schicksal hadern, von ihren Kindern nicht ausreichend wahrgenommen zu werden, wird sich wenig tun. Auch hier haben die Kinder wenig andere Möglichkeiten, als innerlich die Luft anzuhalten, bis der Wortschwall vorüber ist.
Wer sind Sie wirklich?
Als Elternteil sind Sie in erster Linie Mutter oder Vater. Sie sind es und müssen nichts mehr dazu tun, um es sein zu können. Sie haben diese Rolle übernommen. Jedoch geht es nun darum, diese Rolle auch zu spielen, ohne viel Theater zu machen. Welche Eigenschaften werden nun dieser Rolle zugeschrieben?
Eltern sind Hafen und Heimat
Das heißt zunächst, die Kinder im Leben willkommen zu heißen. Und in den ersten beiden Jahren geht es eigentlich um nichts anderes, als dass sie erfahren: Hier gibt es Menschen, die mich mögen und zu mir stehen. Menschen, auf die ich mich verlassen kann. Ganz unabhängig davon, was ich kann oder leiste. Einfach nur, weil ich da bin. In diesem sicheren Hafen können die Kinder auftanken für ihre Lebensreise.
Eltern sind Coaches ihrer Kinder
Und dann geht es los hinaus in die Welt. Jetzt kommt neben der bisherigen Rolle eine weitere dazu. Eltern werden zu Coaches ihrer Kinder. Sie geben weiterhin den nötigen Halt, aber sie begleiten und führen nun verstärkt. Somit werden sie zu den wichtigsten Personen, die Kindern zeigen, wie das Leben funktioniert. Und auch das ist eine Rolle, die Eltern spielen, ob sie wollen oder nicht. Kinder orientieren sich an den Erwachsenen. Somit tragen die Erwachsenen auch die Verantwortung, welche Lebenswege Kinder nun beschreiten. Es geht also auch hier weniger um die Frage, ob Eltern diese Rolle spielen, sondern hauptsächlich um das Wie. Wie nun können Eltern am Besten wirksam sein, damit Kinder den Weg ins Leben finden? Damit sie spürbar, erlebbar und hörbar für die Kinder sind?
Eltern wirken durch ihr Sein
Hier hilft uns nun eine wichtige Erfahrung, wie Menschen sich verständlich machen. Dabei gilt: Die Art und Weise, wie wir etwas sagen wirkt 5mal mehr als das, was wir sagen. Wir wirken mehr durch unser Sein als durch unsere Worte. Je weniger Worte wir benutzen, umso schwerer wiegt jedes einzelne. Das ist wie bei einer Inflation: Je mehr vom Geld im Umlauf ist, umso weniger ist es wert.
Eltern, die wirksam sein möchten, reden an wichtigen Stellen wenig und investieren in ihr Sein. Sie achten darauf, ihre Stimme am Ende einer Aufforderung zu senken, damit sie sich herabsenkt in das Kind und nicht davonfliegt ins Unhörbare. So spüren die Kinder intuitiv in kritischen Situationen: Hier komme ich nicht vorbei. Hier lohnt es sich, der Weisung meiner Eltern zu folgen, denn diese dient mir zum Leben.
Und wenn solch eine klare Weisung aus einer tragenden Liebe und einer Weitsicht für die Kinder folgt, die auch Platz für das Chaotische im Leben lässt, können Sie Ihr Sein als Mutter oder Vater sinn- und lebensstiftend füllen.
Viele gute Erfahrungen wünscht Ihnen Reinhard Grohmann